Vielfraß für Jäger und Bushcrafter

Wir haben uns mit den Messern der Marke Schrade bereits mehrfach beschäftigt, insbesondere mit Klapp- und Ausziehmessern. Diesmal bieten wir einen praktischen Test eines universellen Arbeitstiers mit feststehender Klinge, das Sie im Handel unter dem Namen „Wolverine Fixed Blade“ finden.
Titelbild: Schrade Messer Wolverine Fixed Blade.
Wolverine ist zwar primär für Outdoorsfreunde konzipiert, findet aber kompromisslos auch am Gürtel eines Jägers seinen Platz. In unserem langfristigen Test überzeugte es besonders bei der Verarbeitung von Wild bewährt, also im wichtigsten Einsatzfeld für Jäger und Förster. Andererseits handelt es sich in erheblichem Maße um ein Allzweckmesser — was gewöhnlich eine Reihe teils recht schmerzhafter Kompromisse mit sich bringt. Wie schlägt sich der Wolverine, also „Vielfraß“? Wir haben ihn mehreren Monaten im Einsatz bei Jagd und Trekking unterzogen.
Full-Tang Konstruktion
Das getestete Messer hat eine Gesamtlänge von 212 mm, der Klingenanteil beträgt 95 mm. Der Hersteller gibt eine Klingendicke von 3,3 mm an, tatsächlich war das getestete Exemplar aber mindestens 0,4 mm dünner. Die Klinge gehört mit ihrer Form zur Kategorie Drop‑Point, gefertigt aus AUS‑10 Edelstahl, also dem besten innerhalb der AUS‑Serie. Sie lässt sich leicht schärfen, hält die Schneide gut und widersteht Verschleiß und Korrosion. Es handelt sich zwar nicht um eine ausgesprochene Exklusivklinge, aber im günstigeren Messersegment zählt sie zu den besten Stählen — definitiv besser als der allgegenwärtige 440C. Zusätzlich ist sie mit einer schützenden und vor allem „Anti‑Stick“ Teflon‑Oberfläche versehen. Konstruktionstechnisch handelt es sich um ein echtes Full‑Tang‑Modell: die Klinge verläuft über die gesamte Länge und den Querschnitt des Griffs, lediglich die Griffschalen sind angeschraubt. Der Vorteil liegt in deutlich höherer Festigkeit gegenüber einem klassischen schmalen Erl — bei nur geringfügig mehr Gewicht. Das Messer wiegt 180 g – also nichts Dramatisches. Die Griffschalen bestehen aus nahezu unzerstörbarem und feuchtigkeitsresistentem G10‑Komposit, in das ein tief gefräster Antirutsch‑Struktur eingearbeitet ist. Der Griff liegt in den Händen der meisten normal gewachsenen Personen gut, egal ob Rechts‑ oder Linkshänder. Am Griffende fehlt nicht das Öhr zur Befestigung einer Sicherungsleine und am Klingenrücken findet sich eine Riffelung (Jimping) für den Daumen.
Nützliches Feature
Die Scheide besteht aus mattem schwarzem Polymer, in dem das Messer durch Spannhaltefunktion sitzt – in einem idealen Verhältnis von Haltekraft zur Entnahme. Erwähnenswert ist ein einfacher, aber voll funktionaler und sicher benutzbarer Schleifstein bzw. Einbauschärfer, direkt in die Scheide integriert. Man zieht die Schneide nur ein paar Mal hindurch. Dabei erreicht man natürlich nicht die Qualität einer Schleifsteinabziehvorrichtung, da es sich lediglich um eine Grund‑ „Durchziehhilfe“ handelt (welche manche Messerfans nicht schätzen), aber sie funktioniert. Mindestens in dem Maße, welches für unsere jagdlichen beziehungsweise outdoor‑Ansprüche an ein Arbeitmesser mehr als ausreichend ist. Bei der Verarbeitung eines erlegten Stücks können Sie dank dieses Features die Schneide laufend nachschärfen, ohne einen separaten Schleifstein mit sich führen zu müssen.
Das Messer wird mittels Federklipp am Gürtel befestigt. Vorteilhaft ist die einfache und schnelle Befestigung (für Gürteln bis Breite 53 mm und Stärke 3,5 mm) ohne Gürtel abzulegen und durch die Öse der Scheide zu ziehen. Sogar ein Gürtel ist nicht zwingend nötig — der Wolverine hält auch gut am Hosenbund. Der Nachteil dieses Systems liegt in der höheren Verlust‑Gefahr; mir persönlich ist aber bislang kein Ausrutscher unterlaufen. Wenn Sie dem Clip dennoch nicht vertrauen, lässt sich die Scheide bei manchen Gürteln klassisch durch zwei seitliche längliche Öffnungen sichern, allerdings auf Kosten einer höheren Trageposition. Alternativ können auch die sechs Ösen für eine Leinen‑Befestigung genutzt werden.

Dank des Clips lässt sich die Scheide am Gürtel befestigen ohne Einfädeln.
Die Schneidenlänge bietet einen idealen Kompromiss – geeignet für feinere Arbeiten, aber auch für große Schnitte.
Hervorragend
Zunächst habe ich die Fähigkeiten des Messers bei mehreren Trekking‑Einsätzen unter klassischen Outdoor‑Bedingungen geprüft, zum Beispiel beim Schneiden verschiedener Materialien, Seil, Ausziehvorgänge etc. Danach habe ich es in weiches Holz eingestochen, zur Seite gezogen und geprüft, ob die Spitze sich verformt. Auch die Verarbeitung von Holz für Feuer, inklusive Kraft‑Spalten größerer Stücke (Batoning), wurde getestet. Ich habe auch feinere Aufgaben ausprobiert, wie Essensvorbereitung, und zuletzt das Messer in Kombination mit einem Magnesium‑Feuerstahl zur Feuerentfachung genutzt. Dafür war der Messerrücken mit abgeschrägter Kante und gewählter Oberfläche nicht optimal geeignet, aber ansonsten meisterte der Wolverine in allen Disziplinen ausgezeichnet und bewies seine bemerkenswerte Nützlichkeit sowohl für Outdoor‑Anwendungen als auch für die allgemeine Nutzung durch Jäger.

Das laufende Nacharbeiten der Schneide gelingt dank des cleveren Scheiden‑Designs in Sekundenschnelle.

Der einzige ernsthafte Kritikpunkt – der Griff ist unnötig fein.

Messer und Scheide sind absolut unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit.
Ein Kompromiss, der nicht enttäuscht
Für uns sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Wildverarbeitung. Meine Erfahrung beschränkt sich auf ein Wildschwein und ein Reh, und ich kann sagen, dass das Messer auch hier mit Auszeichnung arbeitete. Eine Schwäche muss ich jedoch erwähnen – die Griffbreite beträgt nur schlanke 11 mm. Das verbessert zwar die Trageeigenschaft, aber wenn man längere Zeit kraftvoll mit dem Messer arbeitet, beginnt der Griffrücken unangenehm in die Handfläche zu drücken. Die Verarbeitung eines einzelnen Stücks ist durchzuhalten, aber wenn ich zufällig mehrere Stücke in einer Strecke erlegt hätte, würde ich mich nicht mehr auf die Verarbeitung freuen. Ansonsten konnte ich keine weiteren Mängel feststellen. Die Klinge ist relativ breit, was sie für das Ausschneiden („Zerwirken“) nicht ideal qualifiziert, aber sie eignet sich gut zum Abziehen und Portionieren. Die Schneidenlänge bietet den idealen Kompromiss – für feinere Arbeiten und gleichzeitig für große Schnitte, inklusive durchsägen von Rippen. Es bleibt ein Kompromiss, aber wenn man alles mit einem einzigen Messer erledigen möchte, wird einen der Wolverine nicht enttäuschen.
Bei Arbeiten an Wild schätzt man den Griff, der auch dann gut in der Hand liegt, wenn die Hände voller Blut und Fett sind. Die Erhöhung zwischen Griff und Klinge schützt wirksam vor Verletzungen. Ein großer Vorteil ist die Wasch‑ und Reinigungsfreundlichkeit. Am Messer und an der Scheide gibt es nichts, was von Feuchtigkeit beschädigt werden könnte, auch keine Nischen, in denen sich Schmutz festsetzen könnte. Dazu trägt auch die Antihaft‑Teflon‑Beschichtung der Klinge bei, an der sich keine Rückstände festsetzen und die sich in Sekundenschnelle reinigen lässt. Und wenn man sie nicht reinigt — nichts passiert. Klinge, Griff und Scheide erwiesen sich im Praxisgebrauch als absolut unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit.
Vorteile / Nachteile
+ Ausgewogener Allrounder
+ Hervorragendes Preis‑Leistungs‑Verhältnis
+ Clever durchdachte Scheide
+ Zieht keinen Schmutz an
- Der Griff könnte massiver sein
Fazit
Der Wolverine bewährte sich als Jagdmesser ausgezeichnet. Hätte er einen massiveren Griff, hätte ich überhaupt nichts zu beanstanden. Ja, er ist ein Universalwerkzeug — ein dediziertes Ausziehmesser wäre beim Ausziehen sicher besser — aber insgesamt bietet er einen ausgewogenen Kompromiss der Eigenschaften in einem einzigen Messer. Besonders gelobt sei die Schmutzresistenz und die Scheide mit integriertem Schleifer. Ich vertraue darauf, dass die Klinge über die Verarbeitung eines ganzen Stücks hinweg scharf bleibt, und der geschickt platzierte Schleifer steht ständig für eine schnelle Zwischennachstellung bereit. Mich irritierte leicht die Diskrepanz zwischen den vom Hersteller angegebenen Maßen und der Realität. Für den Bushcraft‑Einsatz hätte die etwa eine halbe Millimeter größere Klingendicke willkommen gewesen. Andererseits ist für einen Jäger, der vom Messer hauptsächlich gute Performance bei der Wildbearbeitung verlangt, 2,9 mm eine optimale Größe – zumindest aus meiner subjektiven Sicht. Es wirkt unnötig unglaubwürdig, aber meiner Erfahrung mit weiteren Schrade‑Messer, bei denen die Maße stimmten, neige ich dazu, dies schlicht als Fehler der Marketingabteilung zu betrachten. Der Wolverine kostet 1.023 Kč und angesichts der verwendeten Materialien und Qualität ist das mehr als ein vernünftiger Preis. Es sei hinzugefügt, dass der Hersteller, wenn man ein kleineres Messer bevorzugt, (neben unzähligen weiteren jagdtauglichen Festklingenmessern) auch das Modell „Wolverine Mini Fixed Blade“ mit 63 mm Klinge und ergonomisch etwas anders gestalteten Griff anbietet.

Kleineres Modell Wolverine Mini Fixed Blade.
Der Wolverine, wie auch andere Messer der Marke Schrade, kann im Fachgeschäft STROBL.CZ s.r.o. gekauft werden. Weitere Informationen finden Sie auf strobl.cz, oder direkt auf den Seiten des Herstellersschrade.com.

Typisches Bushcraft‑Messer, das aber auch für Jäger einiges zu bieten hat.

